Naja, eigentlich zu einem Piratenhund, der sich als Ren(n)tier verkleidet. Aber dazu gleich mehr.
Die Vorgeschichte
Im Winter, kurz vor dem Jahreswechsel an Silvester, feiern Tobias und etliche andere Menschen das sogenannte Lichterfest. Ich kannte diesen seltsamen Brauch schon aus den letzten Jahren:
Bei unseren nächtlichen Gassirunden bestaunte ich öfters die ganzen Lichterketten und eigenartigen Tierfiguren, die in allen erdenklichen Farben leuchteten. Sogar aufblasbare Schneemänner und anderen Kitsch gab es, manches davon war mir ziemlich unheimlich.
Auch Tobias hängte einige Sternchen auf und hatte von Freunden sogar einen Tannenbaum geschenkt bekommen, den er neben das Sofa stellte. Auch, wenn er damit eigentlich nix anfangen konnte. Und mir ging es genauso:
Zwar roch das stachlige Ding ganz gut, war aber so klein, dass ich da nicht mein Bein dran heben wollte. Zum einen macht hund das nicht im Haus und zum anderen hätte ich den ja sofort komplett unter Wasser gesetzt. Die Yucca-Palme im Esszimmer würde mich mehr animieren…
Jedenfalls kam Tobias heute strahlend mit einer kleinen Tüte vom Einkaufen zurück und präsentierte zwei Kopfbedeckungen, die angeblich perfekt zu den anstehenden Feierlichkeiten passen würden:
Ein Hirschgeweih und eine rot-weiße Zipfelmütze… stell Dir das einmal vor! Er hätte beide Teile zufälligerweise in einem Spielzeuggeschäft gefunden.
Das habe ich ihm natürlich nicht geglaubt. Als Hund kann ich schließlich riechen, ob jemand flunkert. Bei Tobias war das offensichtlich. Und überhaupt, was hatte er als Single-Rüde in einem Spielzeugladen für menschliche Welpen zu suchen? Eben. Nur Katzen würden da an einen Zufall denken.
Aber ich wurde langsam wirklich neugierig. Wo um alles im Körbchen lag der Zusammenhang zwischen dem ominösen Lichterfest und einem Plastikgeweih?
Bevor ich mir dieses Teil auf den Kopf setzen ließ, musste er mir die ganze Geschichte dahinter erzählen. Und die ging so…
Das Lichterfest der Piraten
Jedes Jahr Mitte Dezember beendeten in früheren Zeiten die Piraten ihre letzte Winterausfahrt.
Viele Meere wurden danach durch Schnee und Eis bis zum Frühjahr unpassierbar und ohnehin war es den meisten Piraten einfach zu kalt, um sich bei eisigem Wind auf ein zugiges Schiffsdeck zu stellen. Dass Piraten angeblich harte Kerle und toughe Weiber wären, ist nämlich nix weiter als ein Gerücht.
Doch an Land wurde es den Piraten – alles abenteuerlustige Gesellen mit ihren befellten Vierbeinern – natürlich ziemlich schnell langweilig und manche bekamen sogar richtig Heimweh nach Schiffen, Häfen und dem ganzen anderen Seehundkram.
Weil es außerdem früh Nacht wurde, kamen sie auf die Idee, ein fröhliches Lichterfest zu feiern, um die dunkle Jahreszeit etwas freundlicher zu gestalten.
Seitdem ist es Tradition, kleine Bäumchen mit Kerzen aufzustellen, die Masten von Segelschiffen symbolisieren. Und überall hängen Girlanden, bunte Kugeln und Lichterketten, die aussehen wie Bojen, Schiffstaue und Sternbilder für die Navigation. Alles sehr maritim eben.
Manche verkleideten sich sogar mit rot-weißen Umhängen und Mützen als Leuchttürme. Stell Dir das mal vor. So verrückt können eben nur Zweibeiner sein.
Aber das reichte vielen Piraten immer noch nicht. Sie wollten auch an Land das Gefühl haben, mit ihren Schiffen auf große Fahrt zu gehen.
Außerdem suchten sie eine Beschäftigung für ihre Piratenhunde, die lustlos und unmotiviert in ihren Körbchen lagen. Es gab ja weder Beute Fracht zu bewachen noch Schiffsmäuschen zu jagen.
Bis plötzlich ein junger Pirat – nennen wir ihn Blondbart Tobyas – den genialen Einfall hatte, anstelle mit Schiffen auf dem Wasser, doch mit Schlitten an Land herumzugondeln.
Weil Schlitten aber weder mit Segeln noch mit Schiffsmotoren ausgerüstet waren, spannte man kurzerhand Piratenhunde vor die Karren, damit die sich jeden Tag so richtig austoben konnten.
Leider vergaßen die Piraten eine wichtige Sache: Hunde durften eigentlich gar keine Schlitten ziehen! Nur der Verband der Hirsche besaß die Lizenz für solche Beförderungsdienste. So war das eben. Um als Taxifahrer arbeiten zu können, brauchte man ein Geweih.
Aber haben die Piraten deshalb aufgegeben? Wo denkst Du hin! Seeleute sind ja schließlich mit allen Wassern der sieben Weltmeere gewaschen und ziemlich erfinderisch.
Also bastelten sie ihren Hunden kurzerhand kleine Hörner aus Holz und banden diese um deren Köpfe. Schon waren es „Geweihträger“, die Schlitten fahren durften. Einige Hirsche, besonders die schnellen Ren(n)tiere, haben anfangs ziemlich geröhrt, aber das Gesetz war ganz auf Seiten der Seeleute.
Unser Lichterfest-Selfie
Ja, so war das damals. Jedenfalls, wenn mir Tobias kein Märchen erzählt hat. Denn ich muss gestehen, dass ich bislang mit Seehunden und Piraten eher wenig bis gar keinen Kontakt hatte.
Weil mir die Geschichte aber gefiel, war ich nach einigem Zureden und der Aussicht auf eine ordentliche Portion Lichterfest-Leckerchen einverstanden, mich zusammen mit Tobias für ein Selfie zu verkleiden.
So schnell konnte ich gar nicht gucken: Es hieß nur »Sitz.« und schon hatte ich das Geweih auf. Kurzzeitig fürchtete ich bei der Aktion um meine empfindlichen Öhrchen.
Dann zog sich Tobias seinen Pferdeschwanz fest, setzte die Leuchtturm-Zipfelmütze auf und positionierte sich – so wie es sich gehört – auf allen Vieren neben mir. Seinen Arm um mich gelegt, hielt er mit der anderen Hand die Kamera. Bitte lächeln. Blitzlicht. Nochmal. Alles im Kasten.
Ich muss gestehen, das hat mir sogar richtig Spaß gemacht und war fast so lustig wie das Fotoshooting für meine Schwanzfotos.
Und als Belohnung gab es doppelt Leckerchen. Denn als Susi kurz darauf zu Besuch kam, wollte sie unbedingt Abzüge von den Bildern haben und hat meine Gage gleich per Vorkasse in Naturalien bezahlt.
Du, dieses Lichterfest der Piraten gefällt mir immer besser! Vielleicht fahre ich bald mal mit Tobias ans richtige Meer und wir schnuppern Seeluft:
Dann schauen wir uns so ein modernes Piratenschiff ganz aus der Nähe an. Und ich lasse mir von einem echten Piratenhund aus erster Pfote erzählen, ob an der Story mit den Geweihen wirklich etwas dran ist oder ob mich Tobias nur zum gehörnten Filou machen wollte.
Ho-ho-ho
Dein Piraten-Filou (nur echt mit Geweih)!
Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: Dezember 2022
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